Das Sanatorium des Hypokrates

Inselhüpfen in der Ostägäis (3. Teil)

Von Engländern, Franzosen, Griechen, Holländern, Türken und natürlich auch Deutschen. Eine Geschichte, in der gelegentlich auch Schotten und Skandinavier erwähnt werden (Schweizer weniger – höchstens als Personal...)

Damit hier keine falschen Erwartungen entstehen: Österreicher kommen überhaupt nicht vor – zumindest habe ich keinen von denen bewusst wahrgenommen.

Heute haben wir den roten Emery von `98 als Tischwein – da weiß man was man hat. Bin nämlich vor Jahren schon in der Kellerei auf Rhodos gewesen – alles sehr sauber dort und vor allen Dingen aufgeräumt! Der Koer, so nennt man den hiesigen Bewohner, verkauft ja seinen Wein überhaupt nicht. Sehr garstiger Zug von ihm... also wenn ich ein paar Flaschen zu viel hätte, würde ich jederzeit... Aber vielleicht ist genau das sein Problem?! Hat er überhaupt welchen? Wir kommen völlig vom Thema ab. Einerseits könnte es ja ein echtes Schnäppchen gewesen sein, die letzte Flasche roter 98er Emery. Andererseits könnte genau diese viel zu lange in dem Laden unsachgemäß herumgestanden haben. Hach, ist das schwierig! Nein, also zu einem abschließenden Urteil kann und will ich mich jetzt und hier nicht durchringen. Wie, Ihr wollt noch etwas über die Insel und ihre ahnungslosen Besucher wissen?

Na gut, ich werde mir Mühe geben...

• Exkurs

Am Hafen in Kos-Stadt gibt es so ein Nepplokal mit mindestens 100 Metern Korbstühlen, Nationenfähnchen auf den Tischen und Aufreißern vor der Tür ("Come in, special price!"). Ich erinnere mich an ein 'Spiel des Jahres', welches in einer vergessenen Ecke bei mir zu Hause verstaubt: Da gab es Kärtchen mit Personen und Fähnchen drauf – die musste man dann geschickt um die Tische auf dem Spielplan gruppieren. Ähnlich ist wohl die Aufgabe der hiesigen Animateure. Stellen wir uns mal geistig vor: Zuerst die krebsroten, tätowierten Engländer, ohne Hemd natürlich, es sei denn, es ist gerade Spiel, dann natürlich mit Heimtrikot. Daneben der leere Franzosentisch: Die Snobs im Tennisdress und die strandtuchumwickelten Tussies trauen sich allenfalls 10 Meter vor die Warnschilder des Club Med: 'Proprieté Privée', viersprachig, damit alle anderen größeren Touristengruppen wissen: Stopp! Hier beginnt das Territorium der Grande Nation... Arroganterweise wurde Griechisch weggelassen – soweit ich mich erinnere, stellen die immerhin im Winter die Mehrheit auf Kos. Somit ist klar, dass die Hellenen servieren. Für die Holländer ist ein Bereich mit der Kapazität von mindestens zwei Busladungen reserviert – auch klar. Die letzten 300 Türken von Kos treffen wir nicht hier, sondern oben in Plataní, von vorwiegend deutschen Durchreisenden wie im Zoo begutachtet: "Da jetzt hat er glaub´ ich Salamaleikum gesagt und das da hinten ist bestimmt die Fehnerbahçe-Fahne!" Ansonsten sind wir an unserem Nationentisch gebührend zurückhaltend, denn wir wollen schließlich für unser gutes Geld unterhalten werden, auch wenn´s nur noch der Euro ist. Wir geben exakt abgezähltes Trinkgeld und sehen zu, dass wir rechtzeitig die Badetücher vom Hotel auf den Sonnenliegen platzieren. Wo sind denn jetzt die Schotten und Skandinavier, werdet Ihr fragen. Ganz einfach: Die belagern seit dem frühen Vormittag schwitzend die besten Plätze in den Biertränken am Odós... hab ich vergessen... egal. Auf jeden Fall nördlich der Agora und vernichten einen Brei unverständliches Gälisch brabbelnd Batterien von Heineken und Amstel: "Håderǿnd Skǿl!"

So, genug gelästert, schließlich sind wir freiwillig auf dieser Insel, also kann es ganz so schlimm ja nicht sein. Machen wir einen Zeitsprung und fangen von vorne an...

• Anreise

Es ist Montag morgen, der 13. Mai 2002 und wir warten am Hafen von Skála (Pátmos) auf unseren Flying Dolphin. Das ist ein Tragflügelboot und zeichnet sich in erster Linie durch seine unerhörte Geschwindigkeit aus. Es fliegt beinahe übers Meer, dafür sieht man aber unterwegs nichts von der schönen Ägäis, sondern sitzt in einer leicht schmuddeligen Kabine mit Sitzreihen wie in einem Flugzeug. Aber was soll's: Hinter uns liegen 14 schöne und erlebnisreiche Tage auf Sámos und Pátmos und wir können froh sein, überhaupt ein Ticket für die Überfahrt in den Händen zu halten, da der Reiseleiter dies fast verbummelt hätte.

Kaum habe ich in der Hafenbar meinen letzten Espresso auf der heiligen Insel gekippt, sehe ich schon am Horizont ein merkwürdiges Gefährt über das Meer gleiten: Wie ein Insekt im Gartenteich steht der Dolphin mit dem Hinterteil auf der Wasseroberfläche. Die Tragflügel sind durch Stahlseile mit dem Rumpf des Bootes verspannt. Zwei riesige Wasserfontänen zeugen von der enormen Antriebskraft des Aggregates am Heck.

Wenige Minuten später hat das Schiff auch schon festgemacht und liegt regungslos an der Hafenmole, als wäre nichts gewesen. Über die schmalen Tragflächen steigen wir in den Rumpf hinunter, während die ankommenden Passagiere noch verzweifelt mit dem Wiederfinden und Ausladen ihres Gepäcks beschäftigt sind. Ein heilloses Chaos: Das einzige anwesende Besatzungsmitglied ist in einem Streit mit einer erbosten amerikanischen Touristin verwickelt und so ist verwunderlich, dass nicht der eine oder andere Koffer bzw. Passagier über Bord geht. Irgendwie schaffen wir es mit unserem ganzen Hab und Gut bis hinunter und ergattern sogar drei nebeneinander liegende Plätze zwischen einer Gruppe holländischer Senioren. Die Enge des Dolphins erweist sich als sehr kommunikativ, denn sogleich beginnt der Australier auf Europatour zwei Reihen weiter hinten mit der Erzählung seines bisherigen und zukünftigen Reiseverlaufs. Pátmos ist seine sechste und Kos wird die siebte Ägäisinsel am Stück. Ich habe vor etwa acht Jahren Jerusalem, Bethlehem, die Pyramiden von Gizeh und das ägyptische Museum in Kairo in zwei Tagen abgeklappert. Danach brauchte ich zwei Wochen Schlaf und Erholung von diesem Kulturschock.

Nach kurzen Zwischenstopps in Léros, der berüchtigten Internierungsinsel während der Militätdiktatur, später Standort von Griechenlands größter Psychatrie und Kálymos, der Heimat der Schwammtaucher geht es mit hoher Geschwindigkeit weiter. Während der Fahrt versuche ich mehrmals, vom kleinen Außendeck zwischen den beiden Fahrgasträumen einen Blick aufs Meer zu werfen, jedoch werde ich einmal von der schäumenden Gischt erwischt, dann wieder vom enormen Fahrtwind fast weggeblasen. Aufgrund der hüpfenden Bewegungen beim Sprung des Dolphins über die Wellenkämme ist es praktisch nicht möglich, frei zu stehen, geschweige denn brauchbare Fotos oder Videos zu schießen, also gebe ich mein Ansinnen schnell auf.

Nach gut einer Stunde erreichen wir den Hafen von Kos: Schon bei der Anfahrt wird uns klar, dass diese Stadt bezüglich ihrer geschichtlichen Bedeutung und touristischen Anziehungskraft alle unsere bisherigen Stationen in den Schatten stellt. Die Mauern des gewaltigen Johanniterkastells, die Minarette, die vielen Hotels lassen eigentlich nur einen adäquaten Vergleich zu: Rhodos. Der Anleger für die Tragflügelboote liegt außerhalb des Mandrákihafens südlich vom Kastell. Ein Kleinbus liest uns zusammen mit dem Australier und seiner Frau auf. Wir fahren vorbei an breiten Promenaden, haushohen Palmen und antiken Ruinen. Auf der Promenade wimmelt es jetzt schon in der Vorsaison von Touristen. Schon einige Straßen weiter wird der Mann aus Downunder wieder abgesetzt, denn er bleibt – natürlich – nur eine Nacht hier. Wie sollte er auch sonst alle restlichen Mittelmeerinseln schaffen...

Unser Weg führt weiter über die zentrale, autobahnähnliche Ost-West-Achse, vorbei an Industriegebieten und zersiedelter Landschaft bis in die Nähe von Mármari. Hier wählt der Fahrer eine Stichstraße bis ans Meer hinunter, bleibt aber dann mitten in der Pampa am Anfang eines nicht asphaltierten Feldweges stehen. Was ist denn nun los? Hier werden wir ausgeladen und bevor ich protestieren kann, klärt der aus einer gegenüber stehenden älteren Limousine steigende smart-gelockte Grieche den Sachverhalt auf: Der Busfahrer weigert sich, mit seinem liebevoll gepflegten Wagen die Schotterpiste zu befahren und er, der Hotelmanager, bringt uns jetzt zu unserem Appartement. Keine 150 Meter weiter sind wir am Ziel und am Ende einer wirklich völlig harmlosen Strecke - reichlich übertriebene Aktion und das in Griechenland...

Sowohl von der Fahrt als auch der Umgebung sind wir etwas ernüchtert. Der kleine, etwas einfallslose Appartementkomplex 'Cavo d´Oro' steht irgendwie verloren in der Landschaft herum. In der Ferne sehen wir mehrere unfertige, teils riesenhafte Betonskelette – keine Hochhäuser, aber auch nicht unbedingt landestypisch. Und wo ist überhaupt Mármari? Wir hatten einen kleinen lebendigen Ferienort erwartet, aber nicht diese trostlosen Bauten inmitten einer weiten brettflachen Ebene. Die Berge, die uns noch auf Sámos und Pátmos soviel optischen Halt gegeben haben sind mehrere Kilometer weit weg.

Selbst an unserer Anlage, genauer gesagt am Restaurant, wird kräftig gebaut und der Manager entschuldigt sich auch gleich in fließendem Englisch für die Unannehmlichkeiten. Die Organisation klappt hingegen vorzüglich: Obwohl wir mit starker Verspätung angereist sind – eine Fehlinformation aus der Attikavertretung – waren der Busfahrer am Hafen und der Manager zur Stelle. Und auch hier in der Anlage hat die Dame von der Autovermietung brav gewartet, um mit uns eine Fahrzeugübergabe wie aus dem Lehrbuch durchzuexerzieren. Jede Kleinigkeit wird erklärt: Tankanzeige, Straßenverhältnisse, Fahrstil der Einheimischen, nicht von der Versicherung gedeckte unbefestigte Wege usw. Gut, die Dame ist Holländerin, hat das bestimmt zu Hause gelernt und amüsiert denken wir an unser Tür- und Angelgeschäft am Hafen von Pátmos zurück.

Nachdem wir uns in unserem Studio eingerichtet haben – im Katalog war die Rede von einem Appartement mit separatem Schlafraum, in Wirklichkeit nur ein langgezogener Schlauch mit Kochecke und Trennwand – zieht es uns hinunter ans Meer. In der hauseigenen Imagebroschüre ist hochtrabend die Rede von einem 'Holiday Resort im architektonischen Stil der Insel'. Hinter dem Restaurant bilden ein paar mickrige Fächerpalmen die 'wunderschöne Gartenanlage', die verrosteten Spielgeräte werden gerade von der Seniorchefin des Hauses neu lackiert und links und rechts des Betonweges wird noch fleißig gemauert. Der Strand, in der Tat kilometerlang, feinsandig und menschenleer, mit weitläufiger Dünenlandschaft, entschädigt allerdings für die bisherigen Enttäuschungen. Auf der anderen Seite der majestätischen Brandungskulisse blickt man auf Psérimos und Kálymnos.

Am Abend unternehmen wir noch eine kleine Exkursion nach

• Mármari

– irgendwo muss doch ein Ortskern zu finden sein. Ein Großteil zukünftiger Appartementanlagen und Hotels befindet sich noch im teils überdimensionalen Rohbau. Damit gleichzeitig Geld herein kommt, hat man unten provisorisch Supermärkte oder Tavernen eröffnet – nicht gerade einladend. Die Stichstraße mündet dann tatsächlich in einer Uferpromenade, drum herum ein paar Bars und Tavernen, das war´s. Die dazugehörigen Hotels sind wahllos in der Landschaft zerstreut, was mir die Gewissheit gibt, dass dieser 'Ort' erst im Zeitalter des Massentourismus entstanden sein kann. Für das späte Mittagessen halten wir uns von der Tourikreuzung fern und wählen in einer unscheinbaren Seitenstraße eine hallenartige, aber völlig leere Tanztaverne mit überraschend guten und landestypischen Gerichten.

Am kommenden Morgen serviert uns eine junge Schweizerin (ah, da ist sie ja endlich!) das mitgebuchte Frühstück. Es wird jeweils individuell frisch mit Ei, Kuchen, Käse, Brot, Honig, Marmelade und Kaffee zubereitet und ist wirklich üppig. Danach steht der erste Ausflug auf dem Programm:

• Pýli,

eines von mehreren Berdörfern am Fuße des Díkeos. Der untere neuere Ortsteil mit seinen Cafés, Kiosken und Geschäften für den täglichen Bedarf entlang der Hauptstraße stellt zwar keine Sehenswürdigkeit dar, ist aber im Gegensatz zu Mármari über Jahrzehnte gewachsen. Etwa einen Kilometer weiter oben besitzt das ältere Ághios Nikólaos eine echte Platía mit gleichnamiger Kirche, Kapelle und Tavernen. Ein bequemer Fußweg führt links oberhalb der Kirche vorbei an nicht mehr bewohnten Häusern mit teils verwilderten Gärten davor. Nach etwa 10 Minuten erreichen wir das Grab des Harmýlos, ein Mehrkammergewölbe aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. Leider kommt man nicht hinein, denn das kleine Areal ist eingezäunt. Oberhalb der Anlage steht aber ein winkender älterer Herr. Jeder erfahrene Griechenlandurlauber weiß, was dies bedeutet: Hier bessert jemand seine kärgliche Rente auf und es gibt was zu sehen. Im Eingangsbereich der kleinen Kapelle Stavroú wurden antike Fragmente verbaut. Das Innere ist weniger interessant: Wild zusammengewürfelte Teppiche und Ikonen, weder besonders alt noch künstlerisch wertvoll.

Grab des Harmýlos Brunnen von Pýli
Grab des Harmýlos
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Brunnen von Pýli
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Die zweite Attraktion von Pýli erreicht man nach wenigen Schritten die Straße rechts von der Platía entlang: Der alte Dorfbrunnen aus dem 16. Jahrhundert liegt in einer Senke abseits der Straße und besteht aus einem überdimensionalen Quader mit mehreren speienden Löwenköpfen an den Seiten. Das frische Quellwasser wird heute noch von den Einheimischen in großen Kanistern abgefüllt und in Kofferräume verladen. Natürlich füllen auch wir unsere Plastikflaschen mit dem wohlschmeckenden Nass auf und begeben uns dann in den Schatten der benachbarten idyllischen Taverne 'To Palía Pigí' unter das Blätterdach eines uralten Ficus Benjamini mit meterdickem Stamm. Die Wirtin des einfachen Lokals bietet wohlschmeckende reichhaltige Vorspeisen zu unglaublich günstigen Preisen: frittierte Auberginen, Zucchinis, Paprika mit Skordaljá (griechischem Kartoffelpüree mit Unmengen von rohem Knoblauch) zu je 1,95 Euro, Bauernsalat zu 2,50. Große Wasserflaschen hat sie nicht auf der Karte – warum wohl?

Für den Nachmittag ist ein Abstecher ins nahe gelegene Gebirge geplant. Das mittelalterliche

• Paleó Pýli

war einst uneinsehbar für Piraten hinter einem Felsmassiv errichtet worden und zerfällt seit Jahrhunderten. Den Wagen stellen wir am Ende der asphaltierten Straße am Fuß des Berges ab – auch für Radfahrer ist hier das Ziel erreicht. Ein kleiner, in einer Viehtränke eingefasster Bach kreuzt hier den Feldweg, welcher nach zweihundert Metern bergauf die ersten Mauerreste freigibt. An dieser Stelle steigen wir links in das ehemalige Dorf hinauf. Die imposanten Grundmauern sind von üppiger Vegetation überwuchert und werden von Ziegen als Weidegrund genutzt. Über verschlungene steinige Pfade geht es immer weiter bergauf, vorbei an der Panagía Kastrianón mit Fresken aus dem 14. Jahrhundert. Nach etwa 15 Minuten stehen nur noch zyklopenhafte Treppenstufen und ein verfallenes Backsteingewölbe zwischen uns und den Überresten der byzantinischen Burg auf dem Hochplateau des Felsens. Die Anstrengung wird mit einer grandiosen Aussicht durch die zerlöcherten Mauern auf Kálymnos, Psérimos und die Halbinsel von Bodrum (Türkei) belohnt. Auf der anderen Seite erkennt man das geschützte Dorf in seiner ganzen Ausdehnung.

Byzantinische Burg in Paleó Pýli Byzantinische Burg in Paleó Pýli Byzantinische Burg in Paleó Pýli
Byzantinische Burg in Paleó Pýli
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Ein direkter Weg führt über zahllose Treppenstufen wieder hinunter zum Parkplatz, ohne dass wir uns noch mal durch das Wirrwarr der Ruinen kämpfen müssen.

Wir gehen erneut den Feldweg nach oben, folgen aber diesmal seinem Verlauf nach rechts den Hügel hinauf zur anderen Seite des Tals. An einem zum Ziegenstall umfunktionierten Gemäuer lässt sich endlich die erste der hier angeblich so zahlreichen wilden Schildkröten blicken und nimmt natürlich Reißaus in ein Dornengestrüpp, als ich meine Kamera auspacke. Um ein preisverdächtiges Foto und ein paar schmerzhafte Blessuren reicher sammele ich wenig später würzig duftenden Thymian aus der Macchia am Wegrand. Die sengende Sonne treibt uns schließlich unter die schattigen Bäume vor einem verlassenen Bauernhaus. Der frühere Eigentümer hatte es ganz gezielt an exponierter Lage zwischen zwei Hügeln mit Blick auf das Meer errichtet. Das Dach ist inzwischen eingestürzt, aber im Inneren sind noch die Einbauschränke in der Wand und ein hochgemauertes Bett mit Getreidespeicher darunter erkennbar. Die tote, halb verweste Ziege daneben erfordert allerdings einen gehörigen Sicherheitsabstand. Aus unzähligen Farbschichten bestehende große Platten sind zu Boden gefallen. Üblicherweise wurden die Wände jedes Jahr neu gekalkt, so dass man die Geschichte des Hauses ähnlich den Jahresringen eines Baumes zurückverfolgen kann.

Wilde Schildkröte (Paleó Pýli) Verfallenes Bauernhaus (Paleó Pýli)
Wilde Schildkröte (Paleó Pýli)
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Verfallenes Bauernhaus (Paleó Pýli)
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Für die gleichnamige Hauptstadt dieser Insel braucht man viel Zeit und fängt am besten so wie wir am nächsten Tag früh morgens an.

• Kos (Stadt)

ist ein Ort voller Gegensätze, ähnlich wie das Pendant auf Rhodos: Die Auswirkungen des Massentourismus sind, wie bereits eingangs beschrieben, unübersehbar. Gleichzeitig trifft man auf eine unglaubliche Vielzahl klassisch-hellenistischer, römischer, christlicher, osmanischer und italienischer Relikte. Es fehlt einzig und allein eine Stadtmauer, die eine klare Trennung zwischen alt und neu ermöglichen würde. So stolpert man von Souvenirstraßen in jederzeit zugängliche weitläufige Ausgrabungsgelände, trifft mitten im Verkehrsgewühl auf nicht mehr genutzte Moscheen.

Römisches Odeon
Römisches Odeon
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Nur 300 Meter weiter vermittelt einem die Casa Romana einen hervorragenden Eindruck von einem großzügigen römischen Stadthaus des 3. Jahrhunderts (Eintritt: 3 Euro). Die ebenfalls von italienischen Archäologen mit enormem Aufwand rekonstruierten repräsentativen Räume gruppieren sich um drei Innenhöfe mit Kolonnaden. Bodenmosaike und Wandmalereien sind zum Teil sehr gut erhalten, jedoch derzeit nicht alle Räume zugänglich, da Teile der Deckenkonstruktion herabgefallen sind. An den Außenmauern erkennt man noch die roten Kreuze, die im 2. Weltkrieg zum Schutz vor Fliegerangriffen angebracht wurden. Auf dem gleichen Gelände finden sich die Ruinen der römischen Zentralthermen. Allerdings fehlt mir hier jegliche Orientierung – zuviel lose Steine und Gebüsch und keine Erläuterungen.

Großes Atrium (Casa Romana) Casa Romana Römische Zentralthermen (Casa Romana)
Großes Atrium (Casa Romana)
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Casa Romana
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Römische Zentralthermen
(Casa Romana)
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Gegenüber auf der anderen Straßenseite klafft ein Loch inmitten einer umtosten Verkehrsinsel. Am Grund erkennt man ein paar hellenistische Grundmauern, der Dionysostempel (3. Jahrhundert).

Interessanter, aber auch zeitraubend ist das riesige Ausgrabungsgelände entlang der Odós Grigoríou E. Wir irren etwas ziellos umher, bis endlich ein Eingang an der Ostseite gefunden ist. Einen ausgezeichneten Rundgang gibt es nicht, also arbeiten wir uns durch wuchernde Vegetation zu einer Reihe von verwitterten Fresken und Mosaikfragmenten unter Schutzdächern. Als weitere Orientierung dienen die rekonstruierten dorischen Säulengruppen, welche parallel zur Straße stehen und einst ein Teil der Wandelhalle des griechischen Gymnasions waren. Wir bewegen uns Richtung Osten und schreiten bald über die völlig abgenutzten Quader einer antiken römischen Straße: Die sogenannte Decumana mündet am östlichen Ende des Geländes in die Via Cardo, welche auf beiden Seiten von Bürgersteigen und etwa 1,50 Meter hohen Grundmauern von Wohngebäuden gesäumt wird. Sogar die von den schweren Wagen ins Pflaster geschliffenen Spurrillen sind noch deutlich erkennbar.

Dorische Säulengruppe (Gymnasion) Decumana (römische Straße) Nymphaeon
Dorische Säulengruppe
(Gymnasion)
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Decumana (römische Straße)
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Nymphaeon
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In Höhe des Nymphäons, eines wiederhergestellten Tempels, steigt eine marmorne Wendeltreppe nach oben und endet im Nichts. Ich kann nicht anders, ich muss trotzdem hinauf... Auf Parterreniveau der antiken Häuser erblicke ich dann Ansätze von Mosaiken, welche zum Schutz vor Verwitterung und Vandalismus mit Drahtnetzen abgedeckt und unter Kies versteckt wurden. Ein schönes restauriertes und voll einsehbares römisches Mosaik finden wir dann doch noch am nördlichen Ende der Grabung: Das Paris-Urteil. Wir verlassen das Gelände an einem Treppenaufgang, der noch einen Blick durch eine Öffnung in den Innenhof des Nymphäons gewährt und stehen unmittelbar danach vor einem verlorenen Minarett.

Kurz danach passieren wir das Restaurant Anatolía Hamám, ein ehemaliges türkisches Bad. Hier beginnt mit dem Straßenzug Odós Apelloú/Odós Iféstou die Hauptsouvenirmeile von Kos. Die zahlreichen Kitschläden, Boutiquen, Juweliere und Bars erfüllen so ziemlich alle Griechenlandklischees, die mir einfallen: Unmengen von gefälschter Markenkleidung, Fast Food mit bunten Fotos, glänzendes Gold, Spirituosen, bedruckte Handtücher, Krawallspielzeug – aber auch gut gemachte Museumsrepliken und unscheinbar versteckt zwischen den Läden Hinterlassenschaften aus der Türkenzeit.

Die Odós Iféstou mündet in der Platía Eleftherías, dem Freiheitsplatz, welcher auf der einen Seite von der Defterdar-Moschee (1725) und auf der anderen von der italienischen Markthalle dominiert wird. Das Innere ist zwar schön anzuschauen, doch sind die Preise für das angebotene Obst, Gemüse und vor allem die Nussspezialitäten und Olivenöle für meinen Geschmack maßlos überzogen – Touristennepp...

Hinter der Moschee steht das archäologische Museum. Nichts wie rein, denn langsam drückt die unangenehme Mittagshitze. Gleich nach der Kasse öffnet sich ein wunderschönes Atrium mit einem phantastischen Bodenmosaik in der Mitte: Die Ankunft des Asklípios. Durch das einfallende Tageslicht kommen die nach fast zweitausend Jahren immer noch kräftigen Farben voll zur Geltung. Um den Hof herum gruppieren sich mehrere römische Statuen, u.a. der betrunkene Dionysos, der sich auf einen nackten Satyr und einen Weinstock stützt. Darauf sitzt Pan und spielt Flöte, während Eros am Fuß mit einem Tier herummacht – Dekadenz in Reinkultur.

Die Ankunft des Asklípios (Archäologisches Museum) Dionysos-Gruppe (Archäologisches Museum)
Die Ankunft des Asklípios
(Archäologisches Museum)
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Dionysos-Gruppe
(Archäologisches Museum)
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Die zweite Hauptattraktion neben dem Mosaik ist die Hippokratesstatue in einer Apsis des Westsaals. Blitzfotografie und Stative sind in griechischen Museen bekanntlich verboten und gemeinerweise sind sie so schlecht beleuchtet, dass Aufnahmen aus der Hand unter Garantie verwackeln. Es kostet mich eine geschlagene Viertelstunde, bis der Aufseher endlich wegschaut und ich mir ein Ersatzstativ in Form eines Mauervorsprungs suchen kann.

Gegenüber vom Museum wuchert eine imposante Bougainvillea im leuchtenden Violett über ein erhaltenes Tor der mittelalterlichen Stadtmauer. Dahinter erstreckt sich über die gesamte Länge der Odós Navkliroú eine Touristenabfüllstation nach der anderen. Kein Zweifel: Wir stehen mitten im Zentrum des berühmt-berüchtigten koischen Nachtlebens, nur ist es helllichter Tag. Spätestens hier käme gepflegte Ballermannatmosphäre auf, wäre da nicht die antike Agorá unmittelbar daneben, die einem dann doch immer wieder an die geschichtliche Bedeutung dieses Ortes erinnert. Dieses riesige Areal mitten im Zentrum der Stadt wurde erst ab 1933 ausgegraben, nachdem ein verheerendes Erdbeben das darüber liegende mittelalterliche Johanniterviertel in Schutt und Asche gelegt hatte. Heute stehen wir vor einer klassischen hellenistischen Trümmerlandschaft mit mächtigen verstreuten Säulentrommeln, heruntergestürzten Kapitellen und Friesen, umgeben von Bäumen, Sträuchern und blühenden Wiesen. Der Ort ist genau der Richtige, um abzuschalten und die reizvolle Kulisse aus Minaretten, Palmen und Säulen auf sich wirken zu lassen.

Säulengruppe (Agora) Fries (Agora) Hadji-Hassan-Moschee
Säulengruppe (Agora)
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Fries (Agora)
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Hadji-Hassan-Moschee
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Am Nordausgang der Agorá steht die heute privat genutzte Hadji-Hassan-Moschee (1765), deren mehrfarbige Natursteinfassade und weithin sichtbarer Gebetsturm orientalisches Flair verbreiten. Der türkische Reinigungsbrunnen dahinter ist von einer Kuppel überdacht, zu deren Stützung korinthische Säulen verbaut wurden. Die anderen herumliegenden antiken Trümmerstücke legen den Verdacht nahe, dass genügend Baumaterial vorhanden war, denn sie wurden teils zur Stabilisierung der benachbarten Hippokratesplatane genutzt. Der vollkommen ausgehöhlte, Jahrtausende alte, aber immer noch lebendige Baum soll von dem berühmten koischen Arzt angeblich persönlich gepflanzt worden sein.

Wir stehen nun am Fuße der Halbinsel, die den seit der Antike genutzten Mandráki-Hafen am östlichen Ende begrenzt. Auf ihr haben die Johanniter Anfang des 16. Jahrhunderts ihr gewaltiges Kastell errichtet: Zuerst stand hier seit der Mitte des 15. Jahrhunderts eine Burg, ehe der heutige trapezförmige Mauerring zur Abwehr türkischer Überfälle geschaffen wurde. Wir betreten die Festung über den einzigen Zugang, eine Steinbrücke (Eintritt: 3 Euro). Von der Südseite aus scheint man die gesamte Anlage überblicken zu können: Rechts und links sind Säulenbasen und Altäre aus der Antike wie in einem Gartenbaucenter aufgereiht – fehlen nur die Preisschilder. Gegenüber erspähe ich ritterliche Wappen sowie osmanische Reliefs in der Wand und eile rechts herum bis zum Ende des Wehrganges.

Osmanisches Relief (Festung Kos) Johanniterfestung Kos Statuen- und Säulenbasen (Festung Kos)
Osmanisches Relief
(Festung Kos)
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Johanniterfestung Kos
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Statuen- und Säulenbasen
(Festung Kos)
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Eine natürlich ungesicherte Treppe führt auf Erdbodenniveau und von dort zweigen Gänge in stockfinstere Gewölbe ab. Ich drehe mich um, ob irgendein Aufseher mich zurückpfeift, um dann in das tiefste Innere der Burg zu verschwinden. Nachdem wir den Wehrgang links herum an der Außenmauer entlang etwa 100 Meter gegangen sind, stelle ich fest, dass der erste Eindruck getäuscht hat: Die mächtigen Mauern der Innenburg haben den Blick auf das weitläufige verwilderte Areal, worin vermutlich die gesamte damalige Bevölkerung Platz fand, verstellt. An mehreren Bastionen ergeben sich majestätische Aussichten auf den Mandráki-Hafen und das türkische Festland. Unzählige antike Fragmente, aus denen sich wahrscheinlich ganze Tempel rekonstruieren ließen, sind in den Mauern und Bodenbelägen verbaut. Ich benötige schließlich eine geschlagene halbe Stunde, um das Kastell einmal zu umrunden und durch die von verrosteten Kanonen gesäumten Höfe der Innenburg wieder an den Ausgangspunkt zurück zu gelangen.

• Andimáchia

Am darauffolgenden Tag ist uns verständlicherweise weniger nach Stadtluft zumute, woraufhin die Wahl auf das ungefähr in der geografischen Mitte der Insel gelegene Dorf Andimáchia fällt. Direkt an der Hauptstraße fällt zunächst eine alte Windmühle auf, laut unserem Reiseführer die einzig noch funktionierende auf Kos. Allerdings sind wir zu früh, denn es wird noch fleißig renoviert und die Flügel sind noch gar nicht bespannt. Trotzdem kann man ja mal reinschauen, wogegen der Besitzer gegen ein kleines Trinkgeld auch gar nichts hat. Ächzend quäle ich mich die alte Holzstiege hinauf, entgehe knapp einer Gehirnerschütterung, weil dies kein germanischer Mühlentyp ist, schlucke jede Menge Mehlstaub und entdecke viele kleine Mäuseknödel...

Wir sind hellauf begeistert und setzen unsere heimatkundliche Exkursion im traditionellen Haus auf der anderen Straßenseite fort. Zwischen alten Schwarzweißfotografien, einem Webstuhl und dem bescheidenen Mobiliar einer typischen koischen Bauernfamilie erhalten wir einen Einblick in kärgliche Lebensweisen, wie sie heute zumindest auf dieser Insel nicht mehr zu finden sein dürften (Eintritt inklusive Postkarte: 1 Euro).

Die größte Sehenswürdigkeit in dieser Gegend ist zweifelsohne das Kastell von Andimáchia. Der Name ist reichlich irreführend, denn es liegt doch einige Kilometer außerhalb der Ortschaft auf einer Anhöhe mit freier Sicht auf die Südküste und Kardámena. Bereits vor dem Dorf führt ein Feldweg links etwa drei Kilometer den Hang hinauf. Die ursprüngliche Venezianer-, später Johanniterfestung ist frei zugänglich – zumindest sitzt zu dieser Jahreszeit keiner in dem hölzernen Pavillon am Eingang und wir passieren über mehrere Treppen die mächtigen Mauern. Im Inneren beeindruckt erneut wie schon im Pendant zu Kos-Stadt die enorme Weitläufigkeit der Anlage: Am Rand der parkähnlich angelegten Wege stehen riesenhafte Disteln und Zistrosen in voller Blütenpracht. Darauf tummeln sich bunte Insekten in einer kaum gekannten Vielfalt – von allen Seiten summt und brummt es.

Distelblüte (Kastell Andimáchia) Insektenpracht (Kastell Andimáchia)
Distelblüte
(Kastell Andimáchia)
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Insektenpracht
(Kastell Andimáchia)
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Über allem brennt unerbittlich die Mittagssonne und lediglich die beiden Kapellen bieten mit ihren von Bäumen beschatteten Vorhöfen etwas Schutz. Von den Bastionen im Norden des Kastells blicken wir auf Olivenhaine und Zypressenalleen im Tal, im Süden durch die hier verfallenen Mauer auf die berüchtigte Britenhochburg Kardámena, das Meer und den mächtigen Vulkankegel von Níssyros.

Olivenhaine und Zypressenalleen (Kastell Andimáchia) Vulkaninsel Níssyros (Blick vom Kastell Andimáchia)
Olivenhaine und Zypressenalleen
(Kastell Andimáchia)
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Vulkaninsel Níssyros
(Blick vom Kastell Andimáchia)
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Soviel grandiose Landschaft macht Appetit und so beschließen wir, den Rest des Tages in einem der Badeorte am Südstrand der Halbinsel Kéfalos zu begehen. Die kurze Autofahrt führt durch eine uralte Pinienallee – zu ihrem Schutz hat man sogar die beiden Fahrbahnen der Hauptstraße auseinandergezogen und vorbei an einem wüstenähnlichen Erosionstal. Darin erkennen wir die Dächer von getarnten Stellungen der griechischen Armee: In dem Begriff 'Sandkastengeneräle' steckt wohl doch ein Fünkchen Wahrheit...

Nach etwa 15 Minuten führt eine kurvige Stichstraße hinunter nach

• Ágios Stéfanos.

In der Taverna Katerína, noch vor dem Strand, wählen wir einen Platz auf der schattigen Terrasse, werden freundlichst empfangen, speisen gut und günstig. Im Anschluss an die Pause geht es den feinsandigen, direkt an den Club Mediterranée grenzenden Strand entlang. Etwa in der Mitte liegen auf einem kleinen Felsvorsprung die Überreste einer frühchristlichen Basilika. Die kleine, zum greifen nahe Insel Kástri mit ihrer Kapelle Ágios Nikólaos darauf runden das Gesamtbild zu einer beinahe perfekten Idylle und machen diesen Küstenabschnitt zu einem der malerischsten auf Kos.

Frühchristliche Basilika (Ágios Stéfanos) Insel Kástri (Bucht von Kamári)
Frühchristliche Basilika
(Ágios Stéfanos)
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Insel Kástri (Bucht von Kamári)
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Ich kann nicht anders: Ich muss da hinüber schwimmen und gebe Mühlheimerin letzte Instruktionen, wie denn das heldenhafte Beweisfoto auszusehen hat. Das Meer ist total ruhig und die schätzungsweise dreihundert Meter sind schnell geschafft, auch wenn es auf halbem Wege an den Beinen strömungsbedingt empfindlich abkühlt. Kurz bevor ich wieder festen Boden unter die Füße bekomme, sehe ich durch meine Schwimmbrille das Verhängnis herannahen... Nein, kein weißer Hai, viel schlimmer: Unzählige hundsgemeine Seeigel bevölkern den steinigen Meeresgrund vor dem vermeintlich einfachsten Strandabschnitt. Als Odysseus´ Nachfolger habe ich natürlich auf Badeschuhe, diese Auswüchse der Verweichlichung, verzichtet. Ich brauche mindestens zehn Minuten, bis ich mich vorgetastet habe, jeden Schritt vorausberechnend, vornüber gebeugt, mit der Nase kurz über dem Wasserspiegel. Als ich endlich den Kiesstrand betrete, muss ich erkennen, dass sich der Aufstieg zur Kapelle doch wesentlich steiler darstellt, als vom Festland aus angenommen. Egal, mit dem tollkühnen Einsatz von Händen und Füßen überwinde ich dieses Hindernis und verschwende keinen Gedanken an solch eherne Gesetze wie dem des stets schwierigeren Abstiegs. Triumphierend recke ich auf der Mauer vor der Kapelle stehend die Fäuste in den Himmel und hoffe, dass Mühlheimerin auch vernünftig mit dem Teleobjektiv umgehen kann. Natürlich ist längst beschlossenen Sache, dass ich an der gleichen Stelle nicht noch einmal in Wasser gehen werde – dann schwimme ich doch lieber noch eine zusätzlich Schleife. Am westlichen Hang des Eilands geht es ganz gemächlich bergab und die unten flach im Wasser liegenden Felsplatten sind ganz nach meinem Geschmack. Von ihnen kann man sich geschickt hinabgleiten lassen. Doch so tief wie von mir erhofft, ist es leider nicht und so dauert der Weg über die von klitschigen Algen bewachsenen Felsen fast ebenso lang wie zuvor, ehe ich mich mit einem verzweifelten Bauchplatscher ins Tiefe retten kann. Durch die nun leicht abweichende Route muss ich mich noch durch eine seichte Zone mit Schlingpflanzen kämpfen, ehe ich unter dem Jubel meines Stammes wieder den rettenden Strand betreten kann.

• Ágios Jánnis

Die Halbinsel hat es uns angetan. Vermutlich liegt das an ihrer Überschaubarkeit, den fehlenden negativen touristischen Auswüchsen und dem lieblichen Küstenstreifen im Süden. Jedenfalls geht es am nächsten Morgen in den äußersten Westen von Kos mit dem Ziel Ágios Jánnis. Die bereits bekannte Hauptstraße endet im gleichnamigen Dorf Kéfalos. Danach wird der Weg wesentlich schmaler, ist aber weiterhin asphaltiert und führt etwa vier Kilometer in südliche Richtung fast über die gesamte Halbinsel. Die Straße ist inzwischen einspurig, mit Schlaglöchern übersäht und schlängelt sich in Serpentinen den Berg hinauf. Zu allem Überfluss kommen auch noch Fahrzeuge entgegen und ich suche per Rückwärtsgang eine passende Lücke. Zum Glück liegt der Abhang auf der linken Seite. Einer der entgegenkommenden Fahrer meint, es lohne sich nicht bis nach oben. Wir können dies kaum glauben und wollen uns ein eigenes Bild machen: Irgendwo muss es doch einen Abzweig zur Klosteranlage geben. Nach einigen hundert Metern stehen wir plötzlich vor einer Militäranlage: Ein Horchposten mit riesenhaften Radarinstallationen in Tarnfarbe, das ganze Gipfelplateau einnehmend. Natürlich ist Fotografieren und Filmen strengstens untersagt und so bleibt uns nichts anderes übrig, als umgehend kehrt zu machen. Kein Warnschild weist am Fuß des Berges auf diese Sackgasse hin – wahrscheinlich gehört diese Strategie zur Tarnung.

Glockenturm von Ágios Jánnis

Die einzige in Frage kommende Abfahrt führt weiter unten über eine Baustelle und schließlich tatsächlich zum verfallenen Kloster. Vor uns hat schon eine organisierte holländische Reisegruppe mit mehreren aufgemotzten Geländewagen das Terrain in Besitz genommen. Damit diese Fahrzeuge auch ihre Daseinsberechtigung erfüllen, wird auf der leicht abschüssigen Schotterpiste noch mal Vollgas gegeben und eine ordentliche Staubwolke für den heimischen Videoabend fabriziert. Wir schauen uns derweil die alten, zum Teil restaurierten Zellentrakte an. Davor lugt die Spitze des eine Terrasse tiefer freistehenden Glockenturmskeletts hervor. Auf dem ganzen Gelände laufen Ziegen frei herum und machen sich einen Spaß daraus, den Picknick feiernden Holländern den Käse vom Brot zu klauen. Ein Teil der alten Räumlichkeiten wird als Stall genutzt – darüber kann auch frische blaue und weiße Farbe an den Mauern nicht hinwegtäuschen.

Glockenturm von Ágios Jánnis
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Landenge zur Halbinsel Kéfalos
Landenge zur Halbinsel Kéfalos
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Ca. 1,5 Kilometer vor Kéfalos führt rechts neben dem Schild 'Palatía' ein Trampelpfad in einen Kiefernwald hinein. Den Wagen lassen wir gegenüber auf dem notdürftigen Parkplatz stehen. Am Ende steht man auf einer kleinen Lichtung, die sich bei näherem Hinsehen als Amphitheater entpuppt: Zwei Sitzreihen und einige Quader aus dem Bühnenbau sind noch erhalten. Allerdings trübt die wilde Müllkippe mitten in der antiken Stätte ganz gehörig unsere Stimmung: Irgendwelche kranken Idioten haben bergeweise gebrauchte Kaffeeeinwegbecher hier entsorgt. Wir gehen noch ein paar Schritte weiter hinunter und haben auf einmal einen traumhaften Blick über den Osthang der Kéfaloshalbinsel und den weißen Küstensaum der Bucht von Kamári mit dem Inselchen Kástri.

Panagía I Palatianí

Wieder zurück auf der Straße zweigt nur wenige hundert Meter weiter rechts erneut ein Feldweg ab und endet an einer modernen unscheinbaren Kapelle. Unterhalb dieser steht jedoch die viel interessantere Ruine der alten Panagía I Palatianí: Sie wurde aus Steinen eines antiken Dionysostempels erbaut. Ihr Tonnengewölbedach ist längst eingestürzt und aus dem Inneren wachsen Bäume und Gestrüpp. Das Bauwerk selbst ist eingezäunt, kann jedoch einmal umrundet werden.

Panagía I Palatianí
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• Asklípion

An einem Samstag brechen wir endlich auf zum unumstrittenen archäologischen Höhepunkt eines Kos-Aufenthalts. Egal, ob man direkt von der aus Stadt hinauffährt oder aber die Abzweigung von der Hauptstraße nimmt – der Weg führt immer über das türkische Dorf Plataní (mehr dazu später). Von dort sind es noch etwa zwei Kilometer, bevor sich die Straße an der International Hippocratic Foundation gabelt. Eine Allee führt bis zum Eingang auf das weitläufige Gelände, rechts davon zeugt ein riesiger Parkplatz vom zeitweilig enormen Andrang. Wir passieren eine kleine schattige Gartenanlage und haben Glück: Es ist nicht all zu viel los und erneut gewährt man uns freien Eintritt, obwohl dies in Ausgrabungsstätten und Museen nur Sonntags üblich ist (sonst 4 Euro).

Das Asklípion war nicht nur die Wirkungsstätte des berühmten koischen Arztes Hippokrates (460-377 v.Chr.) sondern auch Kultstätte für den später bei den Römern als Äskulap verehrten Gott der Heilkunst. Von überall her kamen die Pilger, um zu opfern und von den hiesigen Priestern und Ärzten seelischen und körperlichen Beistand zu erbitten. Bis in die Römerzeit hinein war das Asklípion Ziel für Erholung und Vergnügung Suchende, was die Thermen am Rande des Heiligtums belegen.

Die Anlage hat selbst in ihrer heutigen rudimentären Form wahrhaft monumentale Ausmaße: Die Tempel, Priesterwohnungen und Nebengebäude waren auf drei, teilweise über zweihundert Meter breiten Terrassen an einem Hang errichtet und durch pompöse Freitreppen miteinander verbunden worden. Auf der unteren Ebene durchschreiten wir ein freies Feld, welches einst von einer Wandelhalle umgeben war. Dahinter lagen Räume, die vermutlich als Aufenthaltsort der Pilger genutzt wurden. Riesenhafte Zypressen verleihen den steinernen Monumenten einen klassischen und würdigen Rahmen. Der Blick fällt unweigerlich auf die große, von den Italienern rekonstruierte Freitreppe zur zweiten Terrasse. Links und rechts davon befinden sich Nischen in der Stützmauer, welche vereinzelt noch Statuenbasen enthalten. Sehenswert ist auch der Brunnen links von der Treppe.

Die Überreste auf der zweiten Ebene sind noch um einiges beeidruckender: Rechts zwei wieder aufgestellte ionische Säulen des Asklipios-Tempels aus dem 3. Jahrhundert v.Chr., links sieben Säulen des römischen Apollon-Tempels (2.-3. Jahrhundert n.Chr.). Interessant sind auch die Grundmauern des Äskulap-Tempels mit Altar und ein Teil einer heruntergefallenen Kassettendecke.

Römischer Apollontempel Römischer Apollontempel
Römischer Apollontempel

Auf der dritten Terrasse stoßen wir schließlich auf den riesigen dorischen Tempel (2. Jahrhundert v.Chr.), welcher ursprünglich von 30 mächtigen Säulen umgeben war. Eine Säulentrommel hat man in byzantinischer Zeit mit einem Kapitell und einer Steinplatte dekoriert und somit einen Altar für die gottesdienstliche Nutzung dieser heidnischen Anlage geschaffen. Von hier haben wir einen grandiosen Blick über das gesamte vor einem Zypressenwald gelegene Ausgrabungsgelände. In der Ferne trennt nur ein schmaler Meeresarm die Stadt von den Bergen des kleinasiatischen Festlandes mit seinen überdimensionierten schneeweißen Feriensiedlungen. Das ganze Feld war einst von Säulenhallen begrenzt. Die noch erhaltenen Trommeln liegen am Rand in zum Teil schattiger Idylle von Baumgruppen und laden zu einer Verschnaufpause ein.

Später fahren wir wieder ein Stück hinunter nach

• Plataní,

denn ab Nachmittag ist das Asklípion geschlossen. Fast alle Koer türkischer Herkunft wohnen in diesem Dorf. Die einzige Siedlung mit einer größeren moslemischen Bevölkerungsgruppe auf den griechischen Inseln profitiert von den zahlreichen Besuchern der nahen Ausgrabungsstätte. Und so hat man sich auf ein reichhaltiges gastronomisches Angebot mit eindeutig türkischer Geschmacksrichtung rund um den zentralen Dorfplatz und Verkehrsknotenpunkt spezialisiert: Meze, Kebab, Börek und Lahmaçum finden sich hier neben den klassischen griechischen Gerichten auf den Karten der Tavernen. Ältere türkische Männer sieht man noch vereinzelt in typischem Outfit in den Cafés sitzen: Üppiger Schnauzbart, Anzug, Gebetskette. In ihrer stoischen Bewegungslosigkeit unterscheiden sie sich gar nicht mal so sehr von ihren griechischen Altersgenossen. Im Gegensatz dazu die Jüngeren: Moderne westliche Kleidung und die griechische Sprache lassen ihre Herkunft kaum noch erahnen.

Am Ortsausgang Richtung Kos-Stadt finden wir auf der rechten Seite zwei Friedhöfe mit teilweise sehr alten und sehenswerten Grabsteinen: Während die moslemische Ruhestätte aufgrund der Nähe zu Plataní noch gepflegt wird, ist die jüdische seit Jahrzehnten verweist. Offensichtlich in jüngster Zeit mutwillig zerstörte Grabsteine zeugen von dem inzwischen auch bis hierher vorgedrungenen Fanatismus.

• Lagoúdi

Verfallenes Haus (Lagoúdi)
Verfallenes Haus (Lagoúdi)
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The beautiful Greece (Lagoúdi)

Ein Hinweis mit der Aufschrift 'The beautiful Greece' lotst uns quer durch das Dorf einen Hang hinunter zu einem offenbar von Künstlern bewohnten Anwesen am Rand eines Wäldchens. Neben Antiquitäten und Kunsthandwerk verspricht das Eingangsschild Kaffeegenuss im traditionellen Rahmen. Nichts wie rein... Eine Belgierin hat das Anwesen aus einst dem Verfall preisgegebenen Bauernhäusern zusammen mit ihrem griechischen Mann im Laufe der Zeit Stück für Stück aufgekauft und gestaltet. Im Garten unter und neben der Terrasse sind Pitoi, Antiquitäten und Skulpturen wie in einem Freilichtmuseum arrangiert. Im zugänglichen Atelier stellt sie handgemalte nostalgische Reklameschilder, Landschaften und Ikonen zum Verkauf aus. Direkt unter der Terrasse kann man auch zum Teil antiken Silberschmuck erwerben. Wir sitzen auf einer malerischen Terrasse mit Blick auf den Turm der Dorfkirche sowie den Wald und die Nordküste. Wir trinken belgischen Capuccino mit entsetzlicher Sahne, aber immerhin vom Silbertablett und essen köstlichen hausgemachten Apfelkuchen. Es gibt auch traditionelle griechische Speisen wie Bauernsalat und Schafskäse – aber das Ambiente hat seinen Preis... Im Hintergrund spielt klassische Musik und singen Vögel. Ab und an ertönt im Vordergrund singend die dominante Stimme der Besitzerin. Davon sollte man sich aber nicht schrecken lassen, denn Christina Zenteli erweist sich im Gespräch als liebenswerte Person.

The beautiful Greece (Lagoúdi)
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Nach diesem zweiten feudalen Frühstück steht

• Zía

auf dem Programm. Alle Veranstalter haben dieses angeblich schönste Dorf von Kos im Programm ihrer organisierten Ausflüge und die Folge dessen sehen wir im unteren Ortsteil: Ein etwa zweihundert Meter langer Abschnitt ist zur Kitschmeile mutiert. Alles, was die griechische Souvenirindustrie jemals an Abscheulichkeiten erdacht hat, ist hier erhältlich: Bemalte Kacheln, antikisierte Vasen, Wandteller, Riesenphalli, Bieruntersetzer mit heftigen antiken Kopulationsszenen, Spitzendecken sowie Honig, Gewürze und Olivenöl zu überteuerten Preisen. Der Platz vor den zahllosen Tavernen ist hoffnungslos zugeparkt, aber bereits wenige Meter weiter oberhalb beginnt mit einer steingepflasterten Gasse der weitaus schönere Ortskern. Unbegreiflicherweise oder vielleicht eher zum Glück verirrt sich hier kaum einer der Tagestouristen und ganz oben in einem der idyllisch gelegenen Lokale haben wir totale Ruhe. Die 'Taverna Zia – Kostas Yiannis' liegt in einem terrassierten Garten, Wasser plätschert und die beiden Inhaber haben jede Ecke ihres Hauses bis ins kleinste Detail liebevoll in traditionellen Farben gestaltet.

• Embrós Thermá

In keinem Reiseführer fehlt ein Kapitel über diese in Griechenland so bekannte Thermalquelle. Unsere Abschlusstour führt zunächst aus Kos-Stadt heraus und dann vorbei an einer nicht enden wollenden Ansammlung von Hotelklötzen. Bis Psalídi reihen sich potthässliche Komplexe, Billigtavernen und Strandbars aneinander. Und man findet immer noch Platz für neue Schandtaten: Ein Neubau steht sogar unmittelbar neben der öffentlichen, Tag und Nacht brennenden Müllhalde! Eine andere Anlage im orientalischen Luxusstil befindet sich in der Phase der Vollendung und wird gerade mit haushohen Fächerpalmen und Fernsehern bestückt. Doch im Ernst: Wer soll in dieser Umgebung freiwillig seinen Urlaub verbringen?

Nach dem Passieren des Kaps Loúros werden die Felsrücken immer kahler. Die einzigen Farbtupfer sind die wilden Oleander in den ausgetrockneten Bachtälern: In üppiger violetter Blütenpracht stehen sie in dichten Gruppen bis hinunter zum Meer. Irgendwann ist die Straße abrupt zu Ende. Links ein Parkplatz mit rollendem Imbisstand: Von dort führt eine schwarze Schotterpiste zum Meer hinab. Ab hier sollte man lieber zu Fuß weiter. Nach wenigen Minuten ist das Meeresniveau und ein durch den Basalt gesprengter Weg erreicht. Wir passieren noch ein paar Felsvorsprünge, einen Sonnenschirm- und Liegenverleih, eine riesige Taverne und stehen schließlich vor dem mit einfachsten Mitteln gestalteten 'Thermalbecken': Ein Kreis aus Felsbrocken schützt das heiße Quellwasser vor der Wucht der Brandung. Darin aalen sich einige Gesundheit und Wohlbefinden suchende 'Kurgäste'. Natürlich findet hier kein geregelter, medizinisch fundierter Badebetrieb statt. Einer glaubt sogar, genüsslich Bier schlürfend besondere Wirkung erzielen zu können. Am Ausfluss erreicht die Temperatur über 48°C – das ist was für Härtner. An den Rändern des Beckens vermischt sich das Thermal- mit dem kühlen Meerwasser und lässt sich so stundenlang ertragen. Von einer Sehenswürdigkeit kann man hier nun nicht gerade sprechen: Dickbäuchige, sich in einem viel zu kleinen Becken tummelnde Touristen, darüber ein lieblos aus Beton gegossenes Pumpenhaus, Andrang in der Hochsaison kaum vorstellbar – wer´s braucht...

• Allgemeines zu Kos

Kos bietet die wohl längsten, feinsten und schönsten Sandstrände in Griechenland. Zudem lockt die flache Küstenebene Radfahrer in solch hoher Zahl, wie ich sie bislang auf keiner anderen Mittelmeerinsel gesehen habe. An der Nordküste setzt um die Mittagszeit in den Sommermonaten der berüchtigte Meltemi von Nordwesten ein und verwandelt das Meer vor dem kilometerlangen Sandstrand in ein exzellentes Survrevier. Der Preis für diese ungewöhnlich bequemen Voraussetzungen ist der besonders in den Hochsommermonaten ausschweifende Massentourismus. Aufgrund eines nahen Salzsees und der übertriebenen künstlichen Bewässerung sahen wir uns nach Einbruch der Dämmerung mit einer Invasion von Stechmücken konfrontiert. Zum Glück waren die Appartements im Cavo d'Oro mit separat vorziehbaren Moskitogittern ausgerüstet. An ausreichenden Mückenschutz sollte man aber unbedingt denken.

Der angegebene Reisepreis ist natürlich sehr hoch, stellt aber die Gesamtkosten für zwei Erwachsene und ein Kleinkind während einer 23-tägigen Reise über drei Inseln dar. Darin enthalten sind Flüge von Frankfurt nach Sámos und zurück von Kos nach Frankfurt, alle Schiffs-, Bus- und Taxitransfers, 19 Tage Mietwagen einschließlich Benzin, 18 Tage Aufenthalt in Appartements mit jeweils zwei Schlafzimmern, 5 Tage im gehobenen Mittelklassehotel, alles gebucht über den Spezialveranstalter Attika sowie sämtliche Kosten für Verpflegung und Trinkgelder.

Für diejenigen, die ausschließlich an Kos interessiert sind, habe ich zur besseren Orientierung eine Alternativrechnung parat: 14 Tage in der gleichen Anlage mit Flug ab Frankfurt sind bei Attika für 606 (ohne Verpflegung), 662 (mit Frühstück) bzw. 788 Euro (Halbpension) pro Person erhältlich (gleiche Reisezeit). Mietwagen beginnen in der einfachsten Klasse bei 26 Euro pro Tag (14 Tage entsprechend 364 Euro). Aufgrund einer Sonderaktion gab es in der Vorsaison für alle über Attika gebuchten Autos jeweils eine höhere Kategorie, als man tatsächlich bezahlen musste, was in unserem Fall auf einen viertürigen Corsa mit Klimaanlage hinauslief. Vor Ort muss pro Person mit weiteren Verpflegungskosten von mindestens 25 Euro pro Tag kalkuliert werden. Wenn man nicht gerade in abgelegenen Dörfern speist, dann sind die Preise in der Gastronomie etwa so wie bei uns, in Supermärkten für Selbstverpfleger sogar deutlich höher.

Attika, der nach meinen Informationen größte Griechenlandspezialist in Deutschland, ist im Internet unter www.attika.de erreichbar. Alle Pauschalangebote können dort auch online gebucht werden. Komplizierte Arrangements mit individuell gewählten Zielen, Aufenthaltszeiten, Mietwagen und Fährtransfers müssen jedoch in jedem Fall in einem Reisebüro zusammenstellt werden, da hier für jeden Baustein die Verfüg- und Machbarkeit geprüft werden muss.

• Fazit

In der Hochsaison (Juli, August) wird Kos von Touristenmassen vorwiegend in den Hotelburgen östlich der Hauptstadt, in Kardámena, aber auch in den Streusiedlungen Tigáki, Mármari und Mastichári regelrecht belagert. Abgesehen davon ist es viel zu heiß. Weite Teile der Küstenebene im Norden sind durch wild in die Landschaft gestreute Hotel- und Appartementbauten zersiedelt. Ein Großteil davon befindet sich noch im grauen Betonrohbau. Für diese Zustände muss es in der Gesamtwertung einen Stern Abzug geben. Gelingt es, diese durch die Wahl einer entsprechenden Reisezeit (Vor- oder Nachsaison) und eines nicht so verbauten Zielortes (z.B. Kéfalos-Halbinsel) geschickt zu umgehen, dann ist Kos guten Gewissens empfehlenswert. Auf kaum einer anderen Insel der Ägäis (ausgenommen Rhodos) findet sich eine solche Vielzahl von Kulturgütern aus so grundverschiedenen Epochen: Griechen, Römer, Byzantiner, Kreuzritter, Osmanen und Italiener haben alle ihre Bauwerke hinterlassen. Darüber hinaus lässt sich hier Kultur in wunderbarer Weise mit einem Badeurlaub an langen feinen Sandstränden verbinden.

Dies ist der dritte und letzte Beitrag über meine Reise zu den ostägäischen Inseln. Bereits erschienen sind 'Heras Heiligtum', eine 9-tägige Tour durch die einsamen Gebirgsdörfer, antiken Ausgrabungen und zauberhaften Naturlandschaften von Samos und 'Felsen der Apokalypse', eine 5-tägige Reise nach Patmos, dem Heiligtum der orthodoxen Kirche.