Algarve 2017

Ferienflug mit Ryanair - ein besonderes Erlebnis

Alles beginnt mit der Wahl des Transportunternehmens: Wenige Wochen vor dem Abflug Mitte Juli, bekanntermaßen der Hauptreisezeit, bleibt nicht mehr allzu viel zur Auswahl. Insbesondere wenn man nicht vorhat, schon am Anfang einen Großteil des Reisebudgets zu verbraten. Auf den einschlägigen Vergleichsportalen landet daher stets Ryanair, die Urmutter aller Low Cost Carrier, an vorderster Stelle. Das Grundprinzip des irischen Unternehmens war mir bekannt: Wir fliegen Euch von A nach B, alles darüber hinaus kostet extra. Das fängt gleich beim Gepäck an. Der klassische Billigheimer hat einen kleinen Koffer als Handgepäck und sonst nichts dabei. Dieser hält sich exakt an die Maximalabmessungen von 55 x 40 x 20 Zentimeter, passt somit durch Ryanairs berüchtigte Schablone und reizt die Gewichtsobergrenze von 8 Kilogramm natürlich voll aus. Mag sein, dass der durchorganisierte Stammgast damit seinen Kurztrip bestreitet, in einen Sommerurlaub unterbietet man jedoch schnell die Grenzen von Mindesthygiene und -komfort. An dieser Stelle beginnt das Geschäftsmodell Ryanair. Für solche Selbstverständlichkeiten wie 20 Kilo Freigepäck werden nun saftige Zuschläge fällig. Auch die Vorabreservierung eines Sitzplatzes oder die Beinfreiheit am Notausgang lassen sich die Iren extra bezahlen. Der Online-Checkin, eine besondere Service-Leistung bei den meisten Fluggesellschaften, ist hier Standardprozedur. Sollte es wer wagen, diese Tätigkeit einem Mitarbeiter am Schalter zumuten zu wollen, dann ... Ebenso allergisch reagieren die Herrschaften auf Übergepäck – das wird richtig teuer. Hat man es endlich an Bord geschafft, erwartet den preisbewussten Fluggast, nicht der so oft böswillig kolportierte Stehplatz, sondern eine wirklich rudimentäre Ausstattung: Kunststoffsitze ohne Netze und eine Farbpalette wie im Nahverkehrszug. Das komplett fehlende elektronische Entertainmentprogramm macht unsere Flugbegleiterin Patricia mit einer wirklich sendetauglichen Safety Instruction im Comedy-Stil vergessen. Hat alles so ein wenig den Charme der 80er Jahre und der nimmermüde Einsatz des Kabinenpersonals, Snacks, Getränke, Gewinnlose und Parfüm an Mann und Frau zu bringen, macht die ganze Veranstaltung so langsam unterhaltsam. Ja, ich kenne den bitteren Hintergrund: Ryanairs Belegschaft erwirtschaftet sich damit einen kleinen Zuschlag zu ihrem kargen Gehalt …

São Rafael

Unser diesjähriges Domizil liegt lediglich zwei Kilometer von der Marina de Albufeira entfernt. Ein wirkliches Zentrum gibt es hier nicht, da der Ort durch das Zusammenwachsen von Apartmentsiedlungen, Ferienhäusern und Hotels entstanden ist. Allerdings blieb die Übersichtlichkeit bislang gewahrt. Um die beiden Ortsstrände zu erreichen, laufen wir lediglich wenige Minuten am riesigen palmenumsäumten Anwesen des Kongresszentrums vorbei und stehen am Parkplatz. Von hier kann man rechts und links die Steilküste erkunden. Nach wenigen Minuten Richtung Osten landen wir am Praia de Arrifes. Oberhalb der schönen Bucht mit einigen pittoresken Felsen vor dem Strand stehen wild campende Wohnmobile auf unbefestigten Parkflächen. Einzige Versorgungseinrichtung: Die Strandbar ‚O Sardinha‘.

São Rafael Westlich vom Hauptstrand mit seinem gehobenen ‚Restaurante Praia de São Rafael‘ müssen wir eine völlig zerklüftete Felslandschaft überwinden. Die rot-braunen Erosionstäler mit ihren tiefen Einsturztrichtern erinnern an ferne Planetenwelten. Ein schmaler, gerade noch begehbarer Pfad führt durch ein Bachbett mit zerfallenen Treppenstufen und haarscharf an einem überdimensionierten Privatgrundstück vorbei. Durch die Hecke kann ich in der Ferne gelangweilt auf ihrer Terrasse sitzende Hausbewohner erkennen, währenddessen eine Nanny den Kinderwagen durch das parkähnliche Anwesen schiebt. Drei kleinere Buchten, deren Strände nur über verschlungene Trampelpfade zu erreichen sind, haben wir hinter uns, bevor wir über steile Felstreppen in die Ponta Grande Cala,

São Rafael - Ponta Grande Cala

einer der wohl eindrucksvollsten Dolinen des hiesigen Küstenabschnitts, hinab steigen. Diese Erosionslöcher entstehen durch Regenwasser, welches aufgrund seines CO2-Gehalts den Kalk im Fels langsam löst, bis das Meeresniveau erreicht ist. Die Brandung hat dann ein leichtes Spiel, die entstandene Aushöhlung zu unterspülen. Die abenteuerliche Bucht ist vollständig von bis zu 15 Meter hohen Felswänden umgeben. Es ist bereits Abend und nur noch wenige Grüppchen von Strandbesuchern verlieren sich in diesem überschaubaren Paradies. Durch einen höhlenartigen Zugang strömt das Meerwasser und bildet ein abgeschlossenes Naturschwimmbecken. Nur sehr schwer können wir uns zurückhalten, durch das Meerestor zu schwimmen. Zu groß ist die Gefahr, mit der nächsten Welle gegen die Höhlendecke geschleudert zu werden.

Albufeira

Albufeira - Rua 5 de Outubro Zu antiker Zeit eine bedeutende Festung, danach ein Fischerdorf, dann mondäne Partyhochburg, ist die Stadt heute ein zugebauter Touristenmoloch mit trostlosen Bauruinen und vielen Ramschhändlern in den Fußgängerzonen. Die wenigen schönen Ecken, die wir noch von unserem Besuch in den 90ern in Erinnerung haben, sind schnell abgelaufen. Da wäre der Tunnel durch die Felswand hinunter zur Praia do Peneco, die Igreja Matriz, einige historische Gebäude (u.a. das Central Eléctrica) am Jardim Público de Albufeira, dem einzigen urbanen Platz in der Stadt und das ruhige Viertel auf dem Felsen, dem Standort der ehemaligen Festung. Dort oben erinnert nur noch der Name der Rua da Bateria, von deren Mauer man alle Ortsstrände überblickt, an frühere Tage.

Zu allem Überfluss hat man vor ein paar Jahren auch noch eine bislang unberührte und erdbebengefährdete (!) westliche Nachbarbucht mit einer ziemlich verwaisten Marina zubetoniert. Ein Meer aus bunten, größtenteils unbewohnten Apartmenthäusern, völlig überdimensionierte Straßen und leerstehende Ladenzeilen lassen am Verstand der Planer zweifeln. Die Promenade am Jachthafen wirkt komplett künstlich. Vor der einzigen Sportsbar sitzen drei glatzköpfige Engländer mit Fußballtrikots in der prallen Mittagssonne vor ihrem Pint und grölen wüste Schlachtgesänge … Aaahh, weg hier!

Lagoa

Lagoa - Praia da Marinha Praia Marinha da ist ein besonders beliebter Strand östlich von Benagil, welcher durch einen komfortabel ausgebauten Fußweg gut zu erreichen ist. Am westlichen Abschnitt, genannt Praia da Mesquita, locken einige vorgelagerte Felsen und Bögen im Meer nach näherer Erkundung. Der Zugang in das Labyrinth aus Grotten, Toren, Naturbecken und Vorsprüngen ist durch einen Felsabbruch von 1999, welcher insbesondere bei Hochwasser einiges an tollkühnen Klettereinsätzen erfordern, erschwert. Der Aufenthalt in der Nähe der Steilküste ist nicht ungefährlich, was neuere Warnschilder in den porösen Felswänden offenbaren. Wie die teilweise völlig durchlöcherten Gesteinsmassen überhaupt noch halten, ist nur schwer vorstellbar. Instinktiv greife ich an einen der von unzähligen Muschelfossilien durchsetzten Felsen und bin von der Härte der Masse überrascht – da bröselt nichts. Aber wehe, wenn der Regen kommt … Auf einem der im Wasser stehenden Felsen klettern Jugendliche herum, verschwinden plötzlich und tauchen auf der anderen Seite wieder auf. Das Gestein ist von Höhlen durchlöchert wie ein Schweizer Käse.

Lagoa - Praia da Mesquita (Arco Natural) Oberhalb der Praia Marinha begeben wir uns in westlicher Richtung auf den Wanderweg entlang der Steilküste. Schatten gibt es zwischen dem niedrigen Buschwerk keinen, dafür aber immer frische Brisen vom Meer und einen atemberaubenden Ausblick nach dem anderen. Bereits kurz hinter dem Arco Natural, den zwei mächtigen Felsentoren über dem Meer am Ende der Bucht, stehen wir staunend vor den ersten Dolinen. Damit niemand bis zum Rand läuft und womöglich 15 Meter in die Tiefe stürzt, haben die Behörden die Löcher mit Zäunen umgeben. Direkt unter unseren Füßen, nur durch wenige Meter Fels getrennt, erstreckt sich eine mit Meerwasser gefüllte Grotte. Hinter der nächsten Felsnase eröffnet sich ein tiefer Einschnitt, welcher am Ende in der winzigen Playa Cao Ravioso mündet. Ähnlich verhält es sich mit der folgenden breiteren, von mächtigen Felsüberhängen begrenzten Praia da Corredoura. Diese beinahe unberührten Strände sind nur per Boot von der türkisblauen See aus erreichbar. Kurz vor unserem Ziel blicken wir von oben in die berühmten Grutas de Benagil, einer über mehrere Felsentore mit dem Meer verbundenen Höhle. Durch die nahezu kreisrunde Öffnung in der Decke scheint die Sonne auf den innenliegenden Strand.

Benagil

Grutas de Benagil Nach der schweißtreibenden Tour von der Praia Marinha über die Klippen haben wir am Strand von Benagil exakt drei Möglichkeiten: Die Snackbar unten am Wasser, das teure und das preisgünstige Restaurant. Obwohl wir anstehen müssen, entscheiden wir uns für letzteres. Die ordentliche Qualität und der Entertainment Faktor geben uns Recht. Den abschüssigen Abstieg direkt zum Strand hatte man jüngst durch bauliche Maßnahmen unterbrochen. Natürlich fehlt oben bislang jegliche Beschilderung und somit tappen zur Belustigung der Restaurantgäste immer wieder einige Unglückliche in die Falle. Als es heute im dritten Anlauf ein junges Paar endlich schafft, die letzten zweieinhalb Meter im Sprung zu überwinden, bricht allgemeiner Jubel los, während die beiden völlig verdutzt den Weg zum Strand nehmen.

Grutas de Benagil Den passenden Anschluss an unsere Steilküstenwanderung soll eine Schnellboottour zu den benachbarten Grotten bilden. Leider sind sämtliche restlichen Ausflüge von Taruga Tours schon ausgebucht und wir landen auf einer Warteliste für den Fall, dass andere ihren Spaß verpassen. Diese zweifelhafte Methode erweist sich schließlich doch als erfolgreich und so düsen wir von Bucht zu Bucht, von Höhle zu Höhle, teilweise durch schmale Tore in Galerien hinein und rückwärts wieder hinaus. Höhepunkt des Ausflugs ist natürlich die Fahrt hinein in die Grutas de Benagil. Diese Höhle, welche wir bereits durch die Deckenöffnung von oben bewundert haben, entpuppt sich als diffus erleuchtete geologische Kathedrale. Die Ehrfurcht vor diesem Naturwunder ergreift auch unseren Kapitän, so dass er den Motor für kurze Zeit erstummen lässt. Zwischendurch offenbart unser Käpt'n seine nautische Expertise und legt das Boot in scharfen Kurven auf die Seite - die Schwimmwesten sollen schließlich nicht aus Spaß angelegt sein. Die Formenvielfalt dieses Küstenabschnitts ist nahezu unendlich und man kann sich gut vorstellen, welche Auswahl an Verstecken die Piraterie früherer Jahrhunderte hier vorfand.

Estoi

Das einstige Dornröschenschloss im verschlafenen Örtchen nördlich von Faro ist nicht mehr wieder zu erkennen: Das Hauptgebäude besteht noch, aber links und rechts hat man in meinen Augen viel zu moderne Erweiterungen angebaut, um Platz für die neu eröffnete Pousada zu gewinnen. Vom verwunschenen Garten ist leider nichts mehr übrig. Die schmiedeeisernen Tore wurden verrammelt, so dass niemand außer den Hotelgästen auf die Idee kommt, sich hier niederzulassen. Wahrscheinlich ist das der Preis, wenn solche ungenutzten Liegenschaften für die nachkommenden Generationen erhalten werden. Die römische Ausgrabung von Milreu sparen wir uns diesmal, so dass nur noch ein kleiner Rundgang durch die Gassen Estois verbleibt. Als Ersatzprogramm bietet sich das nahe gelegene

Faro

Faro - Câmara Municipalan. Die Hauptstadt der Algarve hatte ich aufgrund der eher gesichtslosen Peripheriebebauung bislang sträflich vernachlässigt. Ein Fehler, wie wir heute feststellen müssen. Hat man es in das historische, von Mauern umgebene Zentrum geschafft, macht sich angenehme Überraschung breit. In der Mitte des Ovals liegt die Kathedrale Sé und dahinter idyllisch und erstaunlich ruhig das Restaurant Tertúlia Algarvia. Hier verirrt sich kaum ein Auto hin. Nur ab und zu donnert ein landender Jet aus Richtung der Ria Formosa in höchstens 100 Metern Höhe Richtung Flughafen.

Silves

Silves - Castelo dos Mouros Zehn Jahre nach unserem letzten Besuch hat sich im Inneren der Burgmauern einiges getan. Die damals noch gesperrte maurische Zisterne wurde für Ausstellungen hergerichtet. Inmitten einer Garten- und Teichanlage gibt es nun eine Snackbar und im Bereich des ehemaligen maurischen Palastes hat man einzelne Bögen rekonstruiert.

Unterhalb des Rathauses am Largo do Municipio residiert das Café DaRosa – der Platz vor den schattigen Arkaden entpuppt sich als ein Ort der Ruhe und Besinnung: Wenig Verkehr, zwitschernde Vögel und eine Komposition aus historischen Mauern. Auch der benachbarte kleine Weinprobierstand wurde mit viel Einfühlungsvermögen und großem Aufwand aus Backsteinen errichtet. Zunächst sind wir nur auf eine schnelle Koffeinzufuhr aus, dann erblicke ich die wunderbaren hausgemachten Köstlichkeiten, als ich die mit Azulejos, Marmortischen und Gusseisenstühlen dekorierten Innenräume erkunde und nehme eine Feigentarte. Zum Abschluss gegen Spätnachmittag, als alle regulären Restaurants schon geschlossen haben, packt uns nochmal der Hunger und wir beschließen unseren Besuch im ‚U Munchequeiro‘, einem der einfachen einheimischen Lokale an der Markthalle, wo Fisch und Fleisch noch traditionell auf dem Grill an der Straße zubereitet werden. Die inzwischen ausgebaute Promenade am Arade, einem Flüsschen, welches vor Jahrhunderten noch als Transportweg zum Meer genutzt werden konnte, bevor es versandete, ziert inzwischen eine Allee von Olivenbäumen.

Sagres

Sagres - Blick zum Cabo de São Vicente Die Fahrt zum südwestlichsten Zipfel Europas ist stets ein Höhepunkt jeder Algarve Reise. Atemberaubend immer wieder der Blick über die karge Landschaft auf die von der Brandung umtosten Steilküsten. Die wenig spektakuläre Fortaleza von Sagres riegelt die dahinterliegende Halbinsel Ponta de Sagres ab. An der dortigen Steilküste entlang verläuft ein Rundweg vorbei an Erosionslöchern und ehemaligen Batteriestellungen. Selbst auf diesen scheinbar massiven Landmassen am Rande des europäischen Festlandsockels hat es der Regen geschafft, tiefe Dolinen aus dem Gestein zu spülen. Aus der Dunkelheit der Tiefe hört man das Meer rauschen. Dieses Phänomen haben sich ein paar künstlerisch versierte Architekten zu Nutze gemacht und über einer dieser geologischen Verwerfungen eine Klanginstallation mit dem poetischen Namen ‚A Voz do Mar‘ (‚Die Stimme des Meeres‘) errichtet. Die um eine Klangkammer verlaufenden konzentrischen Mauern verstärken das Brandungsgeräusch. Immer wieder fällt der Blick hinüber zur Halbinsel des sich im Dunst verlierenden Kaps von São Vicente.

Auf dem weiteren Weg zum Leuchtturm fällt an der Seite eine alte verlassene Festung auf. In der Fortaleza do Beliche logierte bis vor kurzem noch eine Poussada. Die Steilküste hat an dieser Stelle inzwischen so viel Substanz verloren, dass Teile der Anlage vom Einsturz bedroht sind und das Hotel geschlossen werden musste. Unterhalb der Burgmauern lässt sich auf einem in den Stein geschlagenen Weg die Spitze der Felsnadel erkunden. An solchen markanten Punkten lassen sich in dieser unwirtlichen Gegend gerne einheimische Angler nieder.

Nach weiteren 1,5 Kilometern sind wir am

Cabo de São Vicente

Cabo de São Vicente angelangt. Der ‚Letzte Bratwurststand vor Amerika‘ existiert immer noch, hat aber heute schon geschlossen. Dafür wurden die Öffnungszeiten der Leuchtturmanlage großzügig verlängert – wohl wegen des schönen Wetters. Trotz des Sonnenscheins wehen hier stets kräftige, bisweilen orkanartige Winde. An der fast 70 Meter hohen felsigen Küste sieht man kaum einen Strauch. Leider mussten hier schon einige in den Felsen herumkletternde Besucher ihren Leichtsinn mit dem Leben bezahlen. Das gleißende Licht der Abendsonne spiegelt sich in den Wellenkronen. Dieses friedliche Bild täuscht über die wahre Gewalt der Brandung hinweg, da sich selbst an Schönwettertagen wie heute Wogen von über einem Meter Höhe an den steilen Felswänden brechen.

Lagos

Lagos - Rua Henrique Correia da Silva ist eine wahrlich pulsierende, gewachsene und historisch bedeutsame Stadt, von wo aus unzählige Überseeexpeditionen in Portugals imperialer Glanzzeit unternommen wurden. Heinrich der Seefahrer hat von hier aus nicht nur Afrika erkundet, sondern um 1440 auch die berühmte Karavelle, den seinerzeit modernsten und schnellsten Schiffstyp entwickeln lassen. Der Entdecker Gil Eanes stammt vermutlich aus Lagos und wurde mit einem eigenen Platz verewigt. Die heutige nigerianische Millionenstadt wurde nicht nur nach ihr benannt, sondern bildete auch den afrikanischen Brückenkopf für den organisierten Menschenhandel in die portugiesische Mutterstadt. Dieses traurige Kapitel lässt sich am heute noch existierenden Sklavenmarkt an der Praça Infante Dom Henrique nachvollziehen. Überall künden Denkmäler und prachtvolle Häuserfassaden vom früheren Reichtum dieses einst bedeutsamen Hafens.

Heute besuchen wir das ‚Sal & Companhia‘ auf der Rua Doutor Joaquim Tello 1 in der Altstadt. Das Restaurant logiert in einem alten Palast, dessen Interieur behutsam den gastronomischen Bedürfnissen angepasst wurde. Von der Außenterrasse lässt sich das gesellige Treiben auf der verkehrsberuhigten Rua 25 de Abril beobachten: Die vielen Touristen mit und ohne T-Shirt, Sonnenbrand, Bierbauch, Tattoos … Bin mal gespannt, wann hier die Behörden die ersten Verordnungen zur Einhaltung der allgemeinen Sitten erlassen.

Auf der gleichen Landzunge liegen die sagenhaften Grotten und Felsformationen um die Ponta da Piedade, welche man unbedingt in der Abenddämmerung mit dem Boot besuchen sollte. Gut eine Stunde dauert die Fahrt mit den Fischerbooten für 2-3 Fahrgäste. Es lohnt sich, denn die meisten der bizarren Formationen, Grotten, Lichthöfe und winzigen Badebuchten sind von Land aus weder zu sehen noch zugänglich.

Meia Praia

und der benachbarte Praia do Alvor bilden zusammen einen der längsten zusammenhängenden Sandstrände der Felsalgarve. Ab Lagos erstrecken sich 5 Kilometer bis zur Mündung von Rio Alvor und Ribeira de Odiáxere. Auf der anderen Seite spannt sich der Bogen der Bucht nochmal 3,5 Kilometer bis zu den beeindruckenden Felsen der Praia dos Três Irmãos. Vor 17 Jahren konnte man noch auf die riesigen Dünen vor der Lagune klettern. Inzwischen wurden diese Sandmassen wohl für die neu entstandene Marina von Alvor verbaut. Immerhin hat man die nach wie vor vorhandenen natürlichen Dünen mit Holzstegen überbaut, so dass die empfindliche Flora nicht niedergetrampelt wird.

Paderne

Castelo de Paderne In dem kleinen Ort 13 Kilometer nordöstlich von Albufeira merkt man nichts mehr vom Massenandrang und Verkehrschaos an der Küste. Wer einen ruhigen Nachmittag im unspektakulären, weitgehend unverfälschten portugiesischen Ambiente erleben will, ist hier richtig. Rund um die Igreja Matriz sind die wichtigsten öffentlichen Einrichtungen des Ortes angesiedelt.

Die Hauptattraktion liegt weit außerhalb der Ortsgrenze und ist über einen staubigen Feldweg unter der A22 hindurch erreicht: Das Castelo de Paderne, während der Almohaden-Dynastie im 12. Jahrhundert auf einem Hügel innerhalb einer Flussschleife erbaut, ist die einzig erhaltene maurische Befestigung an der Algarve. Vor dem Eingang steht ein Albarrán, ein charakteristischer Wehrturm, welcher nur durch einen Bogengang verbunden ist und von wo aus Angreifer auch außerhalb der Festung attackiert werden konnten. Die bis zu 1,8 Meter dicken Mauern bestehen aus Taipa, dem bei traditionellen nordafrikanischen Gebäuden verwendeten Stampflehm, welcher nach Verdichtung in der Schalung und Aushärtung zu einer hervorragenden Stabilität und Klimaregulierung beiträgt. Nach der Rückeroberung durch Dom Paio Peres Correia 1248 wurde eine christliche Kapelle im Innern der Festung errichtet. Vom Bergplateau überblickt man die Ribeira da Quarteira und die darüber erbaute mittelalterliche Brücke mit einer Wassermühle.

Carvoeiro

Carvoeiro - Algar Seco ein weiteres altes Fischerdorf, hatte ich zuletzt 1993 und 2000 besucht. Schon damals haben mich die wunderschöne Lage der Häuser links und rechts am Hang über einer winzigen natürlichen Bucht und die Felsauswaschungen von Algar Seco fasziniert. Während der letzten Jahre haben vor allem deutsche Investoren um das eigentliche überschaubare Dorf herum einen Ring von zum Teil luxuriösen Appartement- und Villensiedlungen gelegt. Manche davon werden nach dem berüchtigten Time-Sharing-Prinzip vermarktet – nicht unbedingt mein Fall, aber ich war nur als normaler Pauschalreisender eingemietet. Der eigentliche Ortskern wurde zumindest im Bereich des winzigen Strandes mit einer künstlichen Plaza und überflüssigen Parkplätzen verschandelt. Von der kleinen Schiffswerft – 1993 noch ein beschaulicher Anblick – ist so nichts mehr zu sehen. Ansonsten stimmt aber die Infrastruktur für einen angenehmen und gepflegten Urlaub.

Inzwischen wurde der Steilküstenweg von der ortseigenen Bucht bis zum Algar Seco mit einem komfortablen Holzsteg und Sitzterrassen erschlossen. Ungefähr in der Mitte des Panoramawegs führen Treppen hinab. Nach wenigen Metern verschlägt uns ein Abschnitt mit Felsformationen, die wir nie zuvor gesehen hatten, den Atem. Zwischen den unterschiedlichen Ebenen hat jemand vor langer Zeit Stufen und mannshohe Durchgänge in den Fels geschlagen. Eine Vielzahl ausgewaschener kreisrunder Trichter verteilt sich über eine fremdartige Mondlandschaft. Zum Teil sind sie mit Meerwasser gefüllt, welches das Wachstum dichter Algenteppiche begünstigt. Teilweise erinnert die scharfkantige Oberfläche an erstarrte Lava, nur gibt es Vulkanismus in dieser Karstregion nicht. Es waren ausschließlich Wind und Wasser, welche hier ein Naturwunder erschaffen haben.

Loulé

Loulé - Markthalle (1908) Immer noch ein interessantes Ziel, wenn der Markt auf hat (6.30 bis 15.00 Uhr), ansonsten verschlafen. Der Mercado Municipal von 1908 ist mit seinen Türmchen im historisierenden Stil eine Reminiszenz an die maurische Vergangenheit. Vor allem der Bereich der Fischhändler ist eine Attraktion bei Touristen.

Almancil

Almancil - Igreja de São Lourenço (17. Jh.) Dreimal unternehmen wir den Versuch, in diesem völlig zersiedelten Etwas ein bestimmtes Ziel zu finden. Verpasst man die versteckte Abfahrt in einem Kreisel, so landet man wieder auf einer Umgehungsstraße, die uns direkt an den Anfang unserer Suche führt. Beim zweiten Mal haben wir die Silhouette bereits vor Augen: Die Igreja de São Lourenço, eine vor allem aufgrund ihres einzigartigen Innenschmucks aus Tausenden von handbemalten Azulejos berühmte Kirche. Das Martyrium des auf dem Feuerrost zu Tode gepeinigten heiligen São Lourenço wird hier vergleichbar der Passion Christi auf überdimensionalen Wandbildern dargestellt.

Tavira

Tavira Das beschauliche Städtchen an der Sandalgarve hat sich in den letzten 27 Jahren seit unserem letzten Besuch erstaunlich entwickelt. Das Zentrum wurde verkehrsberuhigt, viele neue Lokale und Läden haben eröffnet. Statt am städtischen Busbahnhof landen wir diesmal zuerst auf dem Hügel mit Castello, Wasserturm und Kirche. Das Thermometer steht bei 36° und wir steuern wie offensichtlich alle Tagestouristen zunächst das 'A Ver Tavira', den einzigen schattigen Platz mit Bewirtung hier oben an. Extrem glatte Steinstufen führen anschließend auf die verbliebenen Wehrgänge der Burg. Innerhalb der Mauern wurde ein üppiger Garten mit subtropischen Pflanzen angelegt. Die 1990 noch stark beschädigte römische Brücke über den Rio Séqua wurde inzwischen restauriert und steht nur noch Fußgängern offen.