Frankfurter Spezialitäten im geohistorischen Rückblick

Als verantwortungsbewusster Inhaber des alterwürdigen Professorenstuhls für Francofortistik an der Universität Cambridge-Sachsenhausen möchte ich Euch bemitleidenswerten Unwissenden nach all den bedeutungslosen Lobpreisungen vermeintlicher Attraktionen einmal die wahren Kulturgüter dieser Stadt näher bringen.

Wie wir alle aus alten abendfüllenden Erzählungen von ebbelweiseligen Tischnachbarn bzw. der Väter, Großväter und Urgroßväter gelernt haben, soll unser allseits geschätzter würziger Haddekuche als Produkt der Genialität traditioneller Brezelbäckerszunft unserer geliebten Heimat Frankfort entsprungen sein, obwohl er doch heutzutage nur noch als Meenser oder Offebächer Importware fragwürdigster Güte erhältlich ist. Hat doch jüngst an der Hauptwache tatsächlich so eine indiskutable Bude namens „Golden Brezel International“ aufgemacht, welch infame Missachtung bodenständiger Tradition! Leute, lasst Euch gesagt sein, da stecken schwerwiegende militärgeschichtliche Verwicklungen und politische Intrigen dahinter!

Alte Oper (1880 erbaut, 1944 zerstört, 1981 wiedereröffnet)

Alte Oper (1880 erbaut, 1944 zerstört, 1981 wiedereröffnet)

Nach jahrzehntelangen Forschungen ist es mir in Zusammenarbeit mit Volkskundlern, Geophysikern und Archäologen – allesamt Nobelpreisträger - nun gelungen, die tatsächliche Herkunft des Haddekuche zweifelsfrei nachzuweisen: Demzufolge ist das charakteristische Rautenmuster auf der Haddekucheoberseite dem zwecks besserem Halt auf dem Pferderücken an der Sattelunterseite der schwedischen Kavaleristen im dreißigjährigen Krieg („Nix hatte mer gehabt, ich sach’s Euch!“) befestigten Elchdarmgeflecht zu verdanken. Der ursprüngliche Name Hådekøch hatte sich in Folge vorsätzlicher mitteleuropäischer Lautverschiebung und hessisch-nassauischer Sprachignoranz zum heute gebräuchlichen Haddekuche gewandelt; die Verwendung des Gebäcks als eiserne – welch ein köstliches Wortspiel an richtiger Stelle (*harrharr, prust, lachkrampfgeschütteltaufdembodenwälz*) – Reserve in Notfällen ist jedoch wie schon zu Zeiten der Truppenverpflegung bei den skandinavischen Invasoren geblieben. Mit unter wichen Form und Dicke nach teils monatelangen Plündertouren mit durchgerittenen Pferderücken jedoch gravierend von der heutigen Norm ab, so dass eher Ähnlichkeiten zu einem nordafrikanischen Fladenbrot bestanden. Ein junger Bäckersgesell’ namens J.W. von Goethe, ein heute weitgehend vergessener Schwerenöter, musste zu dieser Zeit in der Feldküche neben dem Hådekøch auch Brezel und Käse-Schinken-Stangen herstellen. In Folge seines unreifen Alters war er dort völlig überfordert und ließ versehentlich den frisch gepressten Apfelmost 4 Wochen in der Ecke stehen (*nachluftschnapp*). Die damals noch unbekannte chemische Reaktion der südmainischen Bembelsynthese setzte ein und es entstand ein uns wohlbekanntes Kraftelixier. Als die von klebriger Marmelade auf ollem Fisch verwöhnten schwedischen Soldaten nichtsahnend das Zeug tranken, erlitten sie einen operativ nicht korrigierbaren Gesichtsmuskelkrampf und kamen 30 Tage nicht mehr runter vom Scheißhaus. Daraufhin musste Johann Wolfgang eine Woche schreiben „De Siise muss gedrunke wern, sonst gibt’s en Bembel uff die Bern!“, der eigentliche Grund für seine spätere enorme Sprachgewandtheit. ;-)

Eschenheimer Turm (erbaut 1346-1428)

Eschenheimer Turm (erbaut 1346-1428)

Ganz so schlimm ist das Zeug heute natürlich dank moderner Filtertechnik nicht mehr, daher kann ich allen Besuchern nur empfehlen, einmal einen Abend in einer original Ebbelwoikneipe bei mindestens vier Schoppen (erst dann schmeckt’s) direkt aus dem Bembel, Grie Soss (Frankfurts Antwort auf Pesto Genovese), Handkäs’ mit Musik, und diversem Gebäck vom Brezelbubb (hat auch Haddekuche) zu verbringen. Das Rautenmuster auf dem Glas, daher die einheimische Bezeichnung „Geripptes“, findet sich tatsächlich auf dem Haddekuche wieder und diente früher zum einen dem besseren Halt der oftmals vom fetten Essen rutschigen Finger, zum anderen hatte der damals noch sehr trübe Ebbelwoi durch die Lichtbrechung im Glas ein ansehnlicheres Aussehen. Der traditionelle Bembel ist ein graues, mit blauen Ornamenten verziertes Steingutgeschirr und hält insbesondere im Sommer seinen Inhalt angenehm kühl.

All das erlebt man nur stilecht an den hölzernen Tischen und Bänken einer echten Ebbelwoikneipe. Insbesondere die Sachsenhäuser Wirtschaften Germania, Kannonesteppel (beide Textorstraße), Gemaltes Haus (Schweizer Straße), Wagner (gleich nebe dran - bissi was zum gucke...), Dauth-Schneider, Klaaner Sachsehäuser und Fichtekränzi (alle Alt Sachsenhausen) haben ihren spröden Charme mit Holztäfelungen, etwas ruppiger, aber rasend schneller Bedienung und buntem Publikum aus aalen Schoppepetzern, jungen Leuten, Bankern, Touristen und Rentnern bewahrt. Hier kommt auch der Brezelbubb regelmäßig vorbei – eine von den Gastwirten nach wie vor geduldete Institution, da sie mit ihrem Salzgebäck den Absatz des Stöffche fördert. Wer genauere Details dazu wissen will, sollte einen Blick in die Kategorie „Apfelweinwirtschaften“ direkt unter „Frankfurt“ werfen.




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